Am Mittwoch, 26.03.2025, fand der Parlamentarische Abend der LandesHochschulKonferenz Niedersachsen (LHK) in Hannover statt – mit ausgebuchtem Haus. Neben den Präsidentinnen und Präsidenten der niedersächsischen Hochschulen, VertreterInnen aus Wirtschaft, Verbänden und Gesellschaft, die zahlreich erschienenen Abgeordneten aller im Niedersächsischen Landtag vertretenden Fraktionen, zählte auch der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Falko Mohrs zu den Gästen des Abends.
Landtagspräsidentin Hanna Naber eröffnete den Parlamentarischen Abend mit einem starken Plädoyer für die Wissenschaftsfreiheit. Zivilcourage und Widerstand seien insbesondere in der heutigen Zeit wichtiger denn je. In ihrem Grußwort schlug sie den Bogen von Friederike von Mecklenburg-Strelitz, der Gemahlin von Ernst August I. König von Hannover, zu den „Göttinger Sieben“, sieben Göttinger Professoren, die ihre demokratische Überzeugung nicht aufgegeben und politischen Widerstand gegen König Ernst August I. geleistet hatten, der nach dem Ende der Personalunion von Hannover mit Großbritannien im Jahre 1837 die Verfassung aufgehoben hatte. Mit Blick auf die aktuellen Geschehnisse in den USA müsse einmal mehr betont werden, dass es ohne Wissenschaft keine Freiheit und kein Fortschritt gebe. Wissenschaft und ihre Erkenntnisse seien die Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaft und müssten verteidigt werden. Sie dankte den Hochschulen und der LHK für das große Engagement und Durchhaltevermögen.
Wissenschaftsminister Falko Mohrs schloss sich dem starken Bekenntnis zu einer freiheitlichen Demokratie an und bestätigte, dass es in der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung liege, für Wissenschaftsfreiheit einzutreten. Die aktuellen Entwicklungen seien besorgniserregend; mittlerweile lebten 3,6 Mrd. Menschen in Ländern, in denen die Freiheit von Wissenschaft nicht mehr gegeben ist. Dies zeige, wie zerbrechlich die Dinge seien, so Mohrs. Der Blick in die Geschichte lasse jedoch Hoffnung zu, dass sich Widerstand lohne. Trotz der aktuellen Entwicklungen gelte es, einstige Partnerschaften zu erhalten oder wiederaufzubauen. Die Hochschulen erhielten nicht zuletzt hierfür finanzielle Unterstützungen des Landes, die gezielt in die Wissenschaft und ihre Strategiefähigkeit investiere. Erfreulicherweise seien die Gestaltungsspielräume dahingehend durch die kürzlich beschlossene Grundgesetzänderung erweitert worden. Er begrüße diese kreative Energie, die deutlich spürbar sei.
Mit der Forderung „Qualität statt Quantität jetzt!“ führte Dr. Marc Hudy, stellvertretender Vorsitzender der LHK, anschließend in das Thema des Abends ein. In einem Clip veranschaulichte er die Rahmenbedingungen für Studium und Lehre in Niedersachsen, was den Aufbau von zusätzlichen Studienplätzen und deren Finanzierung seit 2007, die Qualitätsentwicklung im Verhältnis zur Quantität, die Belastung der Lehrenden, demographische Entwicklung und die verschiedenen Effekte für die Entwicklung der Studierendenzahlen mit einschloss. Die LHK-Vorsitzende Prof. Dr. Susanne Menzel-Riedl führte in ihrem anschließenden Impuls weiter aus und stellte zum Erstaunen vieler Gäste eingangs fest, dass Niedersachsen von Anfang an auf einen hohen Anteil neuer Studienplätze – also auf Quantität – gesetzt habe. 90% der Mittel aus dem so genannte Hochschulpakt und den Folgeverträgen wie dem „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken" seien für den Aufbau neuer Studienplätze festgelegt worden. Nur 10% flössen in die Steigerung der Studienqualität, so die Vorsitzende. Die Folgen dieser Quantitätsstrategie seien nach Einschätzung der LHK weniger Zeit für Studierende, höhere Prüfungsbelastung und weniger Forschungszeit aufgrund einer weiterhin bestehenden erhöhten Lehrverpflichtung, erklärte Frau Menzel-Riedl. Drei Faktoren, die die Qualität eines Studiums in Niedersachsen negativ beeinflussten.
An die Abgeordneten und die Landesregierung gerichtet formulierte die LHK daher den Wunsch, in einen gemeinschaftlichen offenen Dialog zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen einzusteigen. Das gemeinsame Ziel laute, Niedersachsen wieder attraktiver für Studierende aus dem In- und Ausland werden zu lassen. Und hierfür sei eine Fokussierung auf Studienqualität, anstatt Quantität erforderlich. „Die Hochschulen möchten anspruchsvolle und qualitätsorientierte Lehre in Niedersachsen sichern!“, appellierte die LHK–Vorsitzende.
Und hierfür benötigen die Hochschulen:
- Eine Überarbeitung der Verpflichtungserklärung des Landes Niedersachsen mit dem Bund – 50% der Mittel in Quantität, 50% in Qualität
- Eine Rücknahme der erhöhten Lehrverpflichtung an Universitäten
- Eine Anpassung der Curricularnormwerte an HAW auf das alte Niveau
- Eine Überführung und Dynamisierung der ZSL-Mittel in den Grundetat der Hochschulen für eine verlässliche Planung.
In einer anschließenden Podiumsdiskussion, an der neben Minister Mohrs Frau Prof. May-Britt Kallenrode (Präsidentin der Stiftung Universität Hildesheim) und Herr Prof. Manfred Weisensee Präsident der Jade Hochschule) teilnahmen, befragte die LHK-Vorsitzende die TeilnehmerInnen nach ihrer Einschätzung. Minister Mohrs, der die Vorschläge der LHK grundsätzlich befürwortete, betonte die dringend benötigte Zuwanderung von internationalen Studierenden. Möglicherweise brauche es hierfür eine andere Orientierung in der Eingangsphase, die gleichzeitig dann als ein zukunftsweisendes Alleinstellungsmerkmal für den Studienstandort Niedersachsen ausgebaut werden könne, so der Minister. Die Podiumsteilnehmerinnen waren sich einig, dass eine angemessene Betreuung der Studierenden ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg ist, ein Studium aber auch weiterhin ein Schritt in die Selbstständigkeit bleiben müsse.
Es schloss sich ein intensiver und angeregter Meinungsaustausch bis tief in die Abendstunden an.